Unser Schulprojekt in Chocruz / Guatemala

Geschichtliche / Historische Entwicklung

Gründungsversammlung 1995

Die Gründung des Vereins

Renate Hänsler

Sie ist selbstverständlich mit dem Namen von Renate Hänsler verbunden. Ohne sie und dem Besuch ihres Sohnes Diemo in Guatemala wäre es nie zur Gründung des Vereins und zur weiteren Entwicklung dieses Projektes gekommen. In einem Bericht schreibt sie: „Die Schönheit der Landschaft hat mich fasziniert. ….. Noch prägender aber war der Eindruck, den ich von der Armut und Chancenlosigkeit der dortigen Bevölkerung bekommen habe. Speziell die Kinder haben keine faire Chance für eine schulische und berufliche Entwicklung. …… Auch in dem kleinen Ort Chocruz, im Hochland auf fast 2700 m Höhe, …. gab es keine Schule. Es gab keinen Strom, kein fließendes Wasser. Minimale Chancen also für eine hoffnungsvolle Zukunft!“

Der Teppichknüpfer Teodoro Xiloj aus diesem Dorf hatte Renate Hänsler gebeten zu helfen. Und sie wollte dort Abhilfe schaffen. So gründete sie im November 1995 mit Freunden und Bekannten den Verein „Zukunft für Kinder – Aldea Laura e.V.“. Durch Mitgliedsbeiträge, Patenschaften und Spenden sollte die Situation der Familien und ihrer Kinder in diesem Bergdorf entscheidend verbessert werden.
Außerdem wurden bald kunsthandwerkliche Produkte aus Guatemala zum Verkauf angeboten, womit auf den Verein und seine Aufgabe hingewiesen werden sollte. Gleichzeitig konnte man damit kleine Familienbetriebe in Guatemala unterstützen. Und selbstverständlich: Der Erlös aus dem Verkauf kam und kommt immer noch dem Projekt zugute.

12 Schüler vor dem Backhaus

Im Frühjahr 1996 ging es in dem Ort Chocruz im Hochland von Guatemala los: Eine kleine Dorfschule sollte entstehen. Im alten Backhaus fand sich zunächst ein geeigneter Platz: ein altes Gebäude, aus Adobe-Ziegeln hergestellt, unverputzt, fensterlos. Die Väter zimmerten Bänke und Tische aus rohem Holz. Geplant wurde diese kleine Schule für ursprünglich 12 Kinder. Schnell stieg ihre Zahl auf 20, die nun sehr eng zusammenrücken mussten.

Dir Zahl der Schüler wächst

Eine junge Lehrerin konnte gewonnen werden, die sich den Kindern ihrer Maya-Volksgruppe so verbunden fühlte, dass sie nach ihrem Dienst an der staatlichen Schule in Momostenango einen Fußmarsch von eineinhalb Stunden auf sich nahm, um dort am Nachmittag ihre kleine „Klasse der Verzweifelten“, wie sie es einmal formuliert hat, zu unterrichten. Rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit müssen sich alle wieder auf den Heimweg machen, denn der Weg ist auch für manche Kinder sehr weit.

Die Nachricht von dieser neuen Schule verbreitete sich rasch bei den Mayas in der bergigen Umgebung Jede Woche kamen neue Kinder, unterernährt, misstrauisch, verschüchtert, ja oft verstummt. In der fröhlichen Geborgenheit der kleinen Lerngruppe gelang es immer wieder, die Neuankömmlinge zu integrieren. Im Laufe des ersten Schuljahrs wuchs die Schülerschar auf 40 an.
Jetzt musste erneut gehandelt werden, der Platz reichte nicht, aber niemand wollte auch nur eines der Kinder wegschicken. Eine junge Kollegin kam als weitere Hilfe, die Väter bauten zusätzlich zum alten Backhaus eine Wellblechhütte, die sich allerdings bei Regen als ungeeignet erwies.

Die Blechhütte

In dieser Zeit wurde auch ein Unterrichtskonzept entwickelt, das dem Ministerium zur Genehmigung vorgelegt wurde.

Der Atriumbau

Diese vielversprechende Entwicklung ermutigte die Eltern, einen „richtigen“ Schulbau in Angriff zu nehmen. In Gemeinschaftsarbeit

Adobe-Ziegel

stellten sie 2300 Adobe-Ziegel her. Das dazu erforderliche Wasser trugen die Frauen auf ihren Köpfen von der eine halbe Stunde entfernten Wasserstelle herbei. Auch die Kinder halfen zusammen mit den Lehrerinnen, in den Unterrichtspausen Wasser herbeizuschaffen, damit am nächsten Tag der Verbindungslehm für die Adobe-Ziegel angerührt werden konnte.
Im Februar 1997 war Baubeginn. Das Fundament in dem knochenharten Boden musste in Handarbeit mit Spitzhacke und Schaufel ausgehoben werden.
Die Adobe-Ziegel reichten für zwei Schulräume. In dieser Zeit stellte sich auch heraus, dass man dringend Platz für eine provisorische Krankenstation und eine Küche braucht. Nachdem die vorbereiteten Adobe-Ziegel verbaut waren, musste vor Einbruch der Regenzeit schnell gehandelt werden: So wurde aus gekauften Zementsteinen der Bau fertig gestellt. Das Wellblech der provisorischen Schulhütte nutzte man für das Dach. Nach 11 Monaten Bauzeit war nun im Atriumstil ein Schulgebäude mit Krankenstation, Küche und drei Klassenräumen entstanden.

Elternkomitee, rechts Teodoro

Bereits 1996 formulierten die Gemeindeältesten im Zusammenhang mit der Neugründung der Schule die Ziele der Dorfentwicklung. In einem handschriftlichen Dokument heißt es:

Das übergeordnete Ziel der Gruppe „GRUPO XECRUZ“ (span. Chocruz) soll die Verbesserung der Situation des Dorfes in den Bereichen Hygiene, Gesundheit, Erziehung und Einkommen sein. Die Rolle des Vereins liegt im Schulwesen und zunehmend auch in der Gesundheitsversorgung, zukünftig eventuell auch in der Vermarktung von handwerklichen Produkten.

Wichtig ist, dass dazu die Initiatve von der gesamten Bevölkerung ausgegangen ist.

Logo unseres Schulzentrums

Nach ausgedehnten Prüfungen erhält die Schule im Herbst 1998 die offizielle Anerkennung. Das Bildungsministerium erteilte die staatliche Genehmigung und die Schule führt jetzt den Namen „Centro Educativo Futuro Para Niños, Paraje Chocruz, Pamumus, Santa Ana, Momostenango, Totonicapan“.
Damit sind alle in Zukunft möglichen Schulabschlüsse staatlich anerkannt. In Zukunft werden regelmäßige Kontrollen durch die zuständige staatliche Behörde erfolgen.
1999 besuchen bereits 100 Kinder die Vorschule und die 6-klassige Grundschule.In den Jahren 1999 – 2002 sind viele Mitarbeiter im Projekt, wobei nicht alles so verlaufen ist, wie man es sich gewünscht hat: Gabi Kozar aus Österreich ist fast 3 Jahre da, zwei Schreiner (aus Österreich und aus Nürnberg) helfen jeweils ca. 3 Monate beim Aufbau einer kleinen Schreinerei, der Zivildienstleistende Moritz aus Berlin ist ungefähr ein Jahr engagiert, Gerlinde und Carolin sind auch jeweils 3 Monate da. Und schließlich versucht Christian Hagemann in der Zeit vom Oktober 2001 – März 2002 das Projekt organisatorisch und baulich voranzubringen.

Zeugnis für einen Basico-Schüler

Ab 2003 wird auf Initiative der Eltern eine Mittestufe (Basico 1) mit den Klassen 7 – 9 eingerichtet. Im Unterschied zu Vor- und Grundschule ist hier – wenn möglich – ein geringes Schulgeld zu zahlen.

Teodoro reicht Frau Hänsler das erste Glas Wasser

2003 gibt es endlich trinkbares Wasser, das über eine ca. 22 km lange Leitung nach Chocruz geleitet wird. Die notwendige Abschlussfinanzierung für dieses große Wasserprojekt wurde von Aldea Laura geleistet. Leider ist schon wenige Jahre später das Wasser nicht mehr zuverlässig gekommen, so dass in Zusammenarbeit mit der Kommune nach neuen Möglichkeiten der Wasserversorgung gesucht werden musste.

2008/09: Der erste und einzige Schreinerlehrgang

Beim Brötchenbacken für das Frühstück der Kinder

Neben der schulischen Ausbildung gibt es immer wieder Versuche, in beruflicher Hinsicht Ausbildungsangebote zu machen, was für Diemo Hänsler von Anfang an wichtig war: Bäcker- und Elektrikerkurse finden statt, eine kleine Schreinerei wird eingerichtet, schließlich in den Jahren 2007/08 eine große Schreinerwerkstatt mit hochwertigen Gerätschaften aus den USA. Eine PC-Akademie ist angedacht, ebenso eine Ausbildung in Solar- und Photovoltaiktechnik. Und im Zusammenhang mit der 2012 gegründeten „Clinica Renate Hänsler“ ist eine Krankenschwester- und Hebammenausbildung im Blick. Aber es erweist sich als nicht möglich, dort im abgelegenen Hochland berufliche Bildung zu etablieren.
Auch im gärtnerischen Bereich will man vorankommen: 2001 wurde in Gewächshäusern Gemüse für den Eigenbedarf und evtl auch zum Verkauf angebaut. Aber mangelndes Wasser macht dieses Projekt bald zunichte.
Im November 2019 beschließt der Vorstand, dass unter bestimmten Voraussetzungen Stipendien zur beruflichen Weiter-und Fortbildung gewährt werden können.

1999: 2. Schulbau

Ab 2004: Das neue Schulensemble

Bereits 1999 beginnt man mit einem Schulerweiterungsbau, nachdem inzwischen 100 Kinder die Schule besuchen. Im November 2000 wird der erste Bauabschnitt eingeweiht und 2004 ist das neue Schulgebäude fertig gestellt. Zu diesem Zeitpunkt sind es bereits 161 Schüler.

Damit die staatliche Anerkennung der Schule erhalten bleibt,  muss ein Sportplatz gebaut werden, der im April 2007 fertig gestellt ist. In der gesamten Umgebung ist er beispiellos.

Ab 2007: Unser einzigartiger Sportplatz

Im gleichen Jahr wird für die geplante Schreinerei eine Mehrzweckhalle erstellt. Nach dem Kauf der notwendigen Gerätschaften in denUSA für die Ausbildung Jugendlicher für das Schreinerhandwerk findet ein einjähriger Kurs statt. Weitere Kurse gibt es nicht, da keine Ausbilder zu finden sind und da es kein Interesse der Schüler für diese Ausbidung gibt. 2010 ist auch ein Holz- und Trockenlager gebaut, das nun als Aula und Versammlungsraum genutzt wird.

Von unten: Sportplatz, Clinica, Mehrzweckhallen Vorne rechts: Toiletten

Auf dem Gelände unserer Schule wird im Jahr 2012 die „Clinica Renate Hänsler“ vom Leipziger Verein „Mirador e.V.“ eröffnet. Sie wurde von deutschen Architekturstudenten gebaut. Finanziert und betrieben wird sie von „Mirador e.V.“.

Teodoro

Diemo Hänsler

Mit dem Weggang von Diemo Hänsler aus Guatemala 2010, mit dem Tod seiner Mutter Renate Hänsler im März 2014 und mit dem gleichzeitigen langsamen Rückzug von Teodoro aus der Arbeit vor Ort musste das Projekt in neue Hände gelegt werden.

Der Direktor der Schule

Hauptverantwortlicher und entscheidender Ansprechpartner in Guatemala ist nun JuanSilverio Pelicó Xiloj, der bereits seit 2003 Direktor der Schule ist. Er organisiert äußerst verantwortlich und zuverlässig alles in schulischer, baulicher und finanzieller Hinsicht.

In Deutschland hat sich im gleichen Zeitraum ein neuer Vorstand konstituiert, der in regelmäßigen Sitzungen das Projekt begleitet und vorantreibt. Kontakt mit Guatemala wird in der Hauptsache durch Emails und Skype–Gespräche gehalten. Außerdem haben Mitglieder des Vorstandes und Freunde des Vereins schon mehrmals das Projekt in Chocruz besucht, um sich einen Eindruck zu verschaffen und um ins persönliche Gespräch mit den dort Verantwortlichen zu kommen.

Sehr deutlich wurde im Vorstand bald, dass wir berufliche Aus- und Fortbildung in unserem Projekt nicht leisten können. Neben der Entlastung der Familien durch kostenlose tägliche Schulspeisung mit Frühstück und Mittagessen können wir nur schulische Grundkenntnisse vermitteln und den Schülern zu einem mittleren Schulabschluss nach der 9.Klasse helfen. Wir haben die Hoffnung, dass es dann vielen leichter fällt, sich in den schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen Guatemalas leichter zurechtzufinden, und sie so eher die Möglichkeit haben, ihr Leben, ihre Zukunft besser zu gestalten.

Immer mehr Schüler, – und Lehrer

Die Schülerzahlen legen kräftig zu: Sie liegen inzwischen weit über 250 und nähern sich im Laufe der Jahre der 300-er Grenze. Bei 10 Klassenstufen können wir die Zahl von 30 Schülern pro Klasse nicht überschreiten. Der Unterricht findet zum Teil unter nicht mehr zumutbaren (Raum-) Verhältnissen statt. Aus diesem Grund und weil zudem vom Erziehungsministerium schon öfters der bauliche Zustand der alten Schule von 1997 als sehr bedenklich (Einsturzgefahr) eingestuft wurde, muss überlegt werden, wie es nun weitergehen soll. Der Bau eines neuen Schulgebäudes scheint unumgänglich!

Erste Pläne

Eingangsbereich


Der Neubau neben dem Altbau

Klar ist, dass auf dem Gelände des Atriumbaus von 1997 das neue Schulgebäude entstehen muss. Ende 2014 / Anfang 2015 werden Grundstückfrage geklärt und ein indigener Architekt wird beauftragt. Unterschiedliche Pläne werden zwischen Guatemala und Deutschland diskutiert. Im Januar 2016 genehmigt der Vorstand die Pläne und die Kosten, wobei wir um äußerste Sparsamkeit bitten, worum sich Juan Pelicó, der Direktor unserer Schule äußerst penibel kümmert. Der Kauf von hochwertigem Stahl erweist sich als schwierig, bis er endlich im September 2016 getätigt werden kann. Die Abriss- und Bauarbeiten ziehen sich nun über das ganze Jahr 2017 hin, bis wir endlich am 20.Februar 2018 ein großes Einweihungsfest feiern können, ausgerichtet und finanziert von den Lehrern und Eltern unserer Schüler. Der Kostenvoranschlag vom Sept. 2015 für dieses in der gesamten Region einmalige Schulgebäude kann tatsächlich eingehalten werden.

Das einstige Schulhaus zerfällt

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass kurze Zeit später (Juli 2018) auf Grund heftiger Regenfälle eine Mauer unseres ersten provisorischen Schulhauses, das dann über die Jahre hinweg als Backhaus verwendet wurde, eingestürzt ist. Es wurde abgerissen und das Gelände unserem Schulgelände angegliedert.
Nun kann das Gesamtgrundstück für den notwendigen Eintrag im Grundbuchamt vermessen werden.

Antje Schildbach

Nach der großen Einweihungsfeier“ bleibt Antje Schildbach, eine Grundschullehrerin aus Nürnberg, in ihrem Sabbatjahr für fast 6 Monate im Projekt. Mit ihren über einen langen Zeitraum hinweg in den USA erworbenen Englischkenntnissen und selbstverständlich kundig der spanischen Sprache unterrichtet sie in allen Klasse Englisch. Durch ihren intensiven Kontakt mit den Schüler*innen und den Lehrer*innen gewinnt sie schnell das Vertrauen aller. Im Vergleich zu Deutschland fällt ihr natürlich schnell auf, dass das Lerntempo der Kinder geringer und das pädagogisch – didaktische Konzept der Lehrer*innen ein ganz anderes ist.

Ganz neue Bücher

Größere Zuwendungen aus zwei Stiftungen ermöglichen es, endlich eine schülergemäße Bibliothek aufzubauen. So kann nun in allen Klassen ein vernünftiger Lektüreunterricht angeboten werden, wofür wir eine Lehrerin freigestellt haben, die bisher Schreibmaschinenuterricht gegeben hat.

Dieser wurde auf Anordnung des Bildungssministeriums durch Computerunterricht ersetzt, weshalb wir ein „Centro de Computación“ mit 14 Laptops eingerichtet haben. Hierfür haben wir eine speziell ausgebildete Lehrerin.

Alles in Blau

Die genannten großzügigen Spenden haben es uns nun endlich auch möglich gemacht, unsere neue Schule mit neuem Mobiliar auszustatten.

Leider kann die für November 2020 geplante 25 Jahr-Feier wegen Corona nicht stattfinden. Auch der geplante Besuch von drei Lehrer*innen ist nicht möglich. Wir hoffen, 2021 nachfeiern zu können.

Die Situation vor Ort in Chocruz

Guatemala, südlich von Mexiko

Die Lage im Hochland

Unser Schulprojekt befindet sich in Chocruz, einem kleinen Dorf, im Hochland von Guatemala. Die Häuser (eher müsste man wohl sagen „Hütten“) dieses Dorfes liegen relativ weit auseinander, meist verbunden mit einem Acker, auf dem vor allem Mais angebaut wird.  ie nächstgrößere Stadt, etwa 8 km entfernt, ist Momostenango, von allen nur „Momos“ genannt.

Im Hochland Guatemalas

Guatemala, einer der kleinen Staaten Zentralamerikas (ungefähr so groß wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen), hat eine sehr vielfältige Landesgestalt, vom sehr fruchtbaren tropischen Küstensaum an der Pazifikküste bis zum kargen, gebirgigen Hochland, wo die Rückzugsgebiete der Ureinwohner, der Maya-Bevölkerung, auf annähernd 3000 m Meereshöhe liegen. Über das Jahr hinweg haben wir hier relativ milde Temperaturen, aber die Nächte können ausgesprochen kalt sein. In der Regenzeit spülen die Wassermassen den Boden fort, da die Hochflächen stark erosionsgeschädigt sind.

Die Indígenas, wie sie auf Spanisch genannt werden, wurden im Laufe der Zeit immer weiter in diese lebensfeindlichen Regionen abgedrängt. Der letzte Vertreibungsschub erfolgte während des Bürgerkrieges (1960 – 1996). So kann man auch verstehen, warum keine Adaption an diese neuen, ungünstigen Lebensbedingungen stattfinden konnte: Sie hatten kaum Anbau- und Ackergelände, hatten zudem keine Erfahrungen mit Anbau oder Tierhaltung und konnten so keine  ökonomische Selbstständigkeit entwickeln. Die Situation ist der in Flüchtlingslagern nicht unähnlich.

Frauen in ihrer typischen Kleidung

Das Grundnnahrungsmttel der Mayas

Die Bevölkerungsgruppe der Mayas macht weit mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung in Guatemala aus; daneben gibt es die Mischbevölkerung der Ladinos, bzw. Mestizen und ca. 5% Weiße. Die einzelnen Gruppen leben streng voneinander getrennt. Das Hochland ist Mayagebiet, in den Städten dominieren die wirtschaftlich gut gestellten Weißen und die Ladinos.
Im Hochland gibt es keinerlei ärztliche Versorgung, die Menschen leben in äußerster Armut, die Verkehrsverbindungen sind katastrophal. Die Familien leiden unter der unzureichenden Ernährung sowie unter Krankheiten aller Art, ausgelöst durch die schlechten hygienischen Verhältnisse, die auch Grund für die hohe Kindersterblichkeit sind. Lesen und schreiben können nur ganz wenige, da es dort kaum Schulen gibt. Überdies ist die offizielle Sprache des Landes Spanisch, während die Mayas dort im Hochland Quiché sprechen, eine der vielen Maya-Sprachen Guatemalas.
Das Leben der Mayafamilien in der Region unseres Projektes ist wie in ganz Lateinamerika durch große soziale Ungerechtigkeiten geprägt: Da 4% der Bevölkerung 75% der landwirtschaftlichen Nutzfläche besitzen, bleibt für die Masse der indianischen Kleinbauern nur ein winziger Rest an Anbaufläche, häufig eben nur im steppenartigen, dürren Hochland, oft so winzig, dass er nicht einmal den Eigenbedarf der Familie decken kann, und in so unwirtlicher Höhe, dass Gemüse überhaupt nicht mehr angebaut werden kann.

Noch vier Kinder in der Familie

Die Zahl der Kinder in den Familien ist sehr groß, nicht selten 8 -10 Kinder. Selbstverständlich müssen sie regelmäßig für ihre Familie mitarbeiten, um das Überleben zu sichern. Oft können Kinder deshalb unsere Schule nicht besuchen. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Familien dadurch entlasten, dass wir den Schülern ein kostenloses regelmäßiges Frühstück und Mittagessen anbieten.

Zum Glück können sie in die Schule!

Auf dem Boden zu essen, sind sie gewohnt.

Viele unsere Schülerinnen und Schüler sind praktisch Halbwaisen, entweder weil sie tatsächliche einen Elternteil verloren haben oder weil die Väter den Großteil des Jahres auf den Plantagen der Küste als Tagelöhner arbeiten und nur selten in Chocruz sind. Manche Kinder werden von Großmutter oder Tante mitbetreut, für andere Geschwistergruppen muss das älteste Kind die Verantwortung übernehmen.
Im Bereich unseres Projektes sind die Erwachsenen zum großen Teil Analphabeten. Das bedeutet, dass sie eine Welt, in der Lesen und Schreiben selbstverständlich sind, nie kennengelernt haben. Wir müssen deshalb auch bei den Eltern werben, dass sie ihren Kindern, die zuhause mitarbeiten und mithelfen müssen, die Zeit im Unterricht gestatten, weil sie nur so vielleicht eines Tages in besseren Verhältnissen leben können! Freilich ist unsere Schule auch insofern attraktiv, als es tägliche Mahlzeiten gibt, was die Familien zuhause entlastet. So ist es auch verständlich, dass manche Kinder vor allem deshalb in die Schule geschickt werden.
Die Kinder werden in der Vorschule, in der Grundschule (1. – 6.Klasse) und in der Mittelstufe (7. – 9. Klasse) unterrichtet. Auf Grund der räumlichen Verhältnisse und eines sinnvollen Unterrichtsgeschehens haben wir die Zahl der Schüler auf 30 pro Klasse beschränkt. In staatlichen Schulen gibt es in manchen Klassen 50 Schüler.

Das Zahlensystem der Mayas

Was das Alter betrifft, so kann es innerhalb einer Klasse relativ große Altersunterschiede geben. Für die Erledigung der Hausaufgaben spielt die häusliche Situation eine wichtige Rolle. Manche Kinder werden von ihren Eltern dazu angehalten, andere leben in so beengten Verhältnissen, dass es weder Tisch noch Stuhl gibt.
Entscheidend für die Akzeptanz der Schule ist, dass die Lehrerinnen und Lehrer Angehörige der Maya-Volksgruppe sind und, selbst aus einfachen Verhältnissen stammend, die Lage der Kinder gut verstehen können. Der Unterricht wird bewusst nicht nur in der offiziellen Amtssprache Spanisch gehalten, sondern auch in Quiché, der Muttersprache der Kinder. Spanisch ist für sie wie eine Fremdsprache zu erlernen. Darüber hinaus gehen alle Bemühungen dahin, eine Entfremdung der Kinder von ihrer Kultur zu vermeiden, ja auch sogar verloren gegangene Werte wieder aufleben zu lassen, die für die Maya-Kultur wichtig sind.

„Bienvenidos“, „Willkommen“ in Quiché

Unser Pickup ist auch ein Transportmittel für Personen

Chocruz ist nicht an ein Straßennetz im europäischen Sinn angebunden. Lediglich eine unbefestigte Piste mit zum Teil tiefen Schlaglöchern führt hinauf, an vielen Stellen nur für Allradfahrzeuge passierbar ist.
Wenn jemand aus Chocruz z.B. etwas in Momostenango zu erledigen hat, muss er über einen Fußpfad zur Hauptstraße laufen, wo ihn dann vielleicht ein vorbeifahrendes Auto mitnimmt. Wesentlich weiter ist es zu einer Bushaltestelle. In Chocruz selbst gibt es keinerlei staatliche Einrichtungen. Auch Strom steht nicht immer und überall zur Verfügung.

Von Zuhause bringen die Schüler Wasser

Sehr groß ist das Trinkwasserproblem. Bis 2003 konnte die Bevölkerung nur Oberflächenwasser aus einem trüben Bach nutzen. Die hygienische Situation war katastrophal. In unserer Schule bemühte man sich, Trinkwasser in Kanistern hoch zu transportieren, damit die Kinder wenigstens hier sauberes Wasser bekommen. Nach jahrelangem Kampf des Wasserkomitees gab es seit Frühjahr 2004 sauberes Trinkwasser, herangeführt über eine ca. 20 km lange Wasserleitung. Allerdings kam das Wasser leider nicht regelmäßig und nicht in genügender Menge an. Inzwischen gibt es ein kommunales Trinkwassernetz, an das auch unsere Schule angeschlossen ist. Aber auch hier gibt es immer wieder Probleme.

Die Farbenpracht der Mayastoffe

Eine Woche Arbeit – 20 Euro zahlt man!

Schöne Fotos von farbigen, üppig bestückten Obst- und Gemüsemärkten aus den touristischen Zentren können leicht zu einem Missverständnis führen: Die Maya-Frauen, die hier in ihrer traditionellen Tracht Gemüse, Obst oder kunstgewerbliche Artikel feilbieten, müssen häufig ihre Ware in mühsamer Arbeit selbst herstellen oder ankaufen und erwirtschaften dabei lediglich geringe Erlöse.
In Chocruz gibt es, bedingt durch die Abgeschiedenheit und Höhe, praktisch keine Erwerbsmöglichkeiten für die Maya-Bevölkerung. Die Landwirtschaft ist nicht ertragreich genug, da das Land zu klein parzelliert ist und die widrigen klimatischen Bedingungen die Anbaumöglichkeiten stark einschränken. Hinzu kommt, dass viele Familien überhaupt kein Land besitzen. Lohnarbeit ist in dieser Region nicht vorhanden. Jeder ist auf sich gestellt.

Fast jedes Haus hat seinen (Mais) Acker

Die Mehrzahl der Männer sind als Kaufleute und Händler unterwegs und versuchen auf den verschiedenen Märkten (einer der ganzen großen Märkte ist ganz in der Nähe, nämlich in San Francisco) durch Verkauf oder Mithilfe Geld zu verdienen. Viele kaufen dort Waren auf und verkaufen sie als fahrende Händler in der Region. Andere arbeiten als Tagelöhner auf den Maisfeldern, manche stellen als Holzhauer Brennholz her. Auch die Kinder müssen selbstverständlich mithelfen, z. B. wenn Schüler auch unserer Schule am Wochenende in einer größeren Stadt der Umgebung etwa Toilettenpapier oder Tempotaschentücher an den Mann zu bringen suchen. Die Frauen sind mit ihren vielen Kindern ans Haus gebunden, Kochen und Wäschewaschen füllen ihren Tag. Manche halten Hühner und verwenden die Eier und das Fleisch für den Eigenbedarf oder bieten es zum Verkauf an. Ein Schwein wird vielleicht gemästet, das beim Verkauf ein wenig Geld bringt. Und in vielen Häusern werden z.T. in nächtlicher Arbeit bei schlechten Lichtverhältnissen Stoffe für traditionelle Maya-Kleidung gewebt.

Schwerstarbeit auch für Frauen

Selbstverständlich ist fast aus jeder Familie jemand illegal in den USA, um dort vor allem in der Landwirtschaft und in Gastrobetrieben für den Lebensunterhalt zu sorgen.

Hier knüpft Teodoro Teppiche

Durch unser Schulprojekt konnten einige wenige Arbeitsplätze (im Unterricht, in der Küche, über Jahre hinweg auch in der Bäckerei) geschaffen werden. Schön wäre es natürlich, wenn die in dieser Region verankerte Webtradition gestärkt werden könnte und es Möglichkeiten der Vermarktung gäbe. Der Versuch, ab 2008 eine Schreinerei mit Ausbildungsplätzen und der Herstellung von Möbeln aufzubauen, war nach kurzer Zeit gescheitert.

Die Ambulanzklinik „Renate Hänsler“

Die langgezogene „Clinica“ vom Sportplatz aus

Am 17. Mai 1997 besuchte eine junge Kinderärztin aus Antigua erstmals unsere Kinder in Chocruz. Zunächst wurden alle untersucht. Als Dolmetscherin stand die damalige Lehrerin zur Verfügung, da die Ärztin nur Spanisch sprach, was wiederum die Indios nicht beherrschen. Nur der Dorfsprecher ist zweisprachig. So halfen die beiden unermüdlich, übersetzten hin und her, packten an beim Messen und Wiegen. Atemwegs-infektionen, Durchfall- und Wurmbefallserkrankungen, massive Karies und bedrohliche Unter- bzw. Fehlernährung kennzeichneten den Gesundheitszustand der Kinder.
Alle 4 – 6 Wochen wollte die junge Ärztin an den Wochenenden kommen, was sie in diesem Ausmaß freilich nicht realisieren konnte. Ab 2003 gab es leider gar keine medizinische Begleitung und Versorgung mehr, zumal auch das staatliche Gesundheitswesen im ländlichen Bereich nicht präsent ist.Fast 10 Jahre hat es gedauert, bis eine entscheidende Veränderung eingetreten ist.

Der Verein „Mirador e.V.“ aus Leipzig, der über die deutsche Botschaft in Guatemala Kontakt zu unserer Schule knüpfen konnte, hat 2012 auf dem Grundstück unseres Schulprojektes eine Krankenstation errichtet, die am 13 Juni 2012 eingeweiht wurde.  Zwei ehemalige Schülerinnen unserer Schule durchliefen eine Hebammen- bzw. Krankenschwesterausbildung, um diese „Clinica Renate Hänsler“ zu betreuen. Regelmäßig kommt auch eine Ärztin, um dort ihre Sprechstunde abzuhalten.

Ambulanzzeiten Mo, Do, Do, Fr

Das Elternkomitee hat in entscheidender Weise das Schulprojekt
begleitet und gefördert und so im Gemeindeleben verankert.

Die Honoratioren des Dorfes mit ihren Adjudanten


Adobeziegel von 1997

Besonders der Dorfsprecher Teodoro hat sich da engagiert. Die Mitarbeit der Eltern ist von entscheidender Bedeutung. Ganz am Anfang haben sie Tische und Bänke gezimmert. Den Bau des ersten Schulgebäudes haben sie im Wesentlichen allein gestemmt; vor allem das Brennen der Adobeziegel war da wichtig.

Feier: 12 Jahre Basico

2003 ist auf ihre Initiative hin die Mittelstufe (Basico I) eingerichtet worden, so dass die Schüler nach dem Besuch der 6-klassigen Grundschule ihre Ausbildung weiterführen können.

Den Bau des Sportplatzes haben sie tatkräftig unterstützt. Und im Laufe der weiteren Jahre war es selbstverständlich, dass sie sich durch Ideen, Mitarbeit und notwendige handwerkliche Tätigkeiten eingebracht haben.

Mais vom eigenen Acker

Salat

Die Grundbestandteile der Ernährung der Maya-Bevölkerung sind Mais und Bohnen. Aus den getrockneten, zerriebenen Maiskörnern werden in einer flachen Tonform auf offenem Feuer Tortillas gebacken, kleine Fladen, ähnlich unseren Pfannkuchen, freilich viel kleiner. Aus den Bohnenkernen, einer relativ großen, schwarzschaligen Sorte, wird ein fester Brei hergestellt. Diese Grundnahrungsmittel sind von ihrer biologischen Wertigkeit her eigentlich recht gut ausbalanciert.

Auch mal Cornflakes zum Frühstück

Trotzdem sind die Kinder unter- bzw. fehlernährt. Es stellte sich heraus, dass viele Familien nur Mais haben, aber keine Bohnen, die im Hochland nicht wachsen und, die zu kaufen, sich viele nicht leisten können.

Obsttag


Die Köchinnen Veronica und Maria

So war es sehr bald ganz selbstverständlich, dass man den Kindern in unserer Schule wenigstens eine vernünftige Mahlzeit anbieten musste, wofür von Anfang an Franziska, die Ehefrau von Teodoro, zuständig war. Und später, nach der Bäckerausbildung gab es zum Frühstück ein warmes Maisgetränk und aus der eigenen Bäckerei ein Weizenbrötchen. So sind die Kinder täglich mit Frühstück und Mittagessen versorgt. Seit 2014 gibt es nun sogar wöchentlich einen Obsttag und einen Salattag. Zwei Frauen sind als Köchinnen fest angestellt.